“Kalte Duschen sind kein Grund für Spielabsagen” –Interview mit HHV-Präsident Gunter Eckart–

Wird alles gut gehen in der neuen Handball-Saison? Gunter Eckart, Präsident des Hessischen Handball-Verbandes (HHV), hat da so seine Zweifel. Wegen Corona, aber vor allem wegen der Energiekrise.

Quelle: Bericht von Udo Döring in der Oberhessischen Zeitung vom 08.10.2022.


Im Interview


Herr Eckart, mit welchem Gefühl sind Sie als Präsident der hessischen Handballer in die neue Saison gestartet?
Ich gehe mit zwiegespaltenen Gefühlen in die Runde. Auf der einen Seite bin ich froh, dass wir wieder mit einer normalen Runde beginnen konnten, andererseits bin ich mir nicht ganz sicher, ob wir das bis zum Ende durchführen können.

Warum befürchten Sie das?
Die Gründe dafür liegen bei Corona und den Auswirkungen der Energiekrise, die wir noch nicht abschätzen können. Wir machen gerade die Erfahrung, dass Städte, Gemeinden und Kreise, aber auch private Halleneigner hier wieder einen hessischen Flickenteppich aufbauen, der im schlimmsten Fall wieder zu Hallenschließungen führen könnte. Hier muss das Präsidium des HHV gegebenenfalls sehr flexibel handeln. Klar ist aber auch, dass kalte Duschen kein Grund für Spielabsagen sein können.

Welche Symptome von Long Covid registrieren Sie im hessischen Handballsport?
Von den Krankheitssymptomen selbst haben wir bis jetzt keine negativen Rückmeldungen. Wenn man den Begriff weiter spannt, haben wir einen Rückgang von Jugendspielern im E-und Minibereich. Dies ist aber nicht auf Abmeldungen, sondern auf fehlende Anmeldungen zurückzuführen. Die absoluten Mannschaftszahlen sind sogar leicht ansteigend.

Befürchten oder spüren Sie sogar schon größere Auswirkungen im Nachwuchsbereich?
Wie gesagt: Ein bis zwei Jahrgänge im unteren Jugendbereich fehlen zur Zeit. Wir sind aber guter Hoffnung und vertrauen darauf, dass in unseren Vereinen hier weiter gute Arbeit geleistet wird und dass wir das Loch schnell schließen können. Im Bereich unserer Auswahlmannschaften, die ja auch während der Pandemie ohne Unterbrechung trainieren durften, haben wir keine Ausfälle.

Wir machen gerade die Erfahrung, dass Städte, Gemeinden und Kreise, aber auch private Halleneigner wieder einen Flickenteppich aufbauen.“
 
Gunter Eckart (HHV-Präsident)

Wie bewerten Sie die vom internationalen Verband ausgegebenen neuen Regeln. die das Spiel noch schneller machen sollen?
Die Regeländerungen sind, wie meistens, über die IHF initiiert worden und größtenteils auf den oberen Ligenbereich hin eingeführt worden. Im Bereich der Bezirke hat für meine Begriffe die Einführung des Anwurfkreises kaum Auswirkungen, im Bereich der Bundesligen wird das Spiel wahrscheinlich etwas schneller. Aber große Auswirkungen wird die Regeländerung nicht haben. Genauso verhält es sich mit der Änderung beim Passiven Spiel. Es macht für mich wenig Unterschied, ob nach dem vierten oder nach dem sechsten Pass gepfiffen wird. Hauptsache ist doch, dass in diesen Fällen überhaupt gepfiffen wird.

Und wie beurteilen Sie die übrigen Änderungen?
Die Regel zur Bestrafung von Kopftreffern bei Torhütern halte ich grundsätzlich für gut. Sie wird allerdings zu mehr Diskussionen führen. Hier beneide ich die Schiedsrichter nicht. Die geplante Einführung von unterschiedlichen Ballgrößen bei Spielen mit und ohne Klebemitteln halte ich persönlich für Quatsch.

Sie sind im Sommer wieder zum HHVPräsidenten gewählt worden. Welche persönlichen Ziele haben Sie sich gesteckt?
Das oberste Ziel ist es, zunächst wieder in einen normalen Spielbetrieb zu kommen. Es ist zur Zeit nicht abzuschätzen, wann dies sein wird. Wir haben aber im Verband noch andere Baustellen, die eben aufgrund von Corona und Energiekrise etwas zurückstehen müssen.

Welche sind das?
Ganz wichtig für mich ist die Erstellung und Umsetzung eines Konzepts zur Zusammenarbeit von Vereinen und Schulen. Es gibt seitens des HHV und des DHB hier gute Ansätze, die aber noch in vielen Bereichen verbessert und ausgeweitet werden müssen. Wir haben auf dem letzten Verbands-Handballtag die Voraussetzungen für eine personelle Veränderung im Präsidium und in der Hauptamtlichkeit geschaffen, damit dieses Projekt vorangetrieben werden kann. Auch im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit gilt es Defizite aufzuarbeiten, die allerdings nicht unbedingt nur im Bereich des HHV zu suchen sind.

Und wie schauen Sie generell in die Zukunft?
Ganz wichtig wird sein, dass wir als Verband auch über den Tellerrand schauen und uns bei anderen Verbänden über deren Aktivitäten informieren. Es gibt in Deutschland viele gute Projekte auf allen Gebieten, die sicherlich auch in Hessen und in den Bezirken gut umsetzbar wären. Das Präsidium des HHV hat Anfang November eine Klausurtagung, auf der der Weg und die Ziele für die nächsten drei Jahre abgesteckt werden sollen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass hier positive Ergebnisse erzielt werden.

 ZUR PERSON DES HHV-PRÄSIDENTEN
Gunter Eckart ist seit acht Jahren Präsident des Hessischen Handball-Verbands (HHV). Im August 2020 übernahm er zudem das Amt einesVize-Präsidenten des Deutschen Handball-Bundes (DHB). Der 68-Jährige ist pensionierter Studiendirektor und wohnt in Brombachtal. Sein Heimatverein ist der TSV Kirchbrombach.

Quelle: Bericht von Udo Döring in der Oberhessischen Zeitung vom 08.10.2022.