Chronik Kinderturnen

Abteilung Kinderturnen

Der Begriff „Kinderturnen” läßt sich altersmäßig kaum präzise fassen. In früheren Zeiten galt der Zeitpunkt der Konfirmation – also etwa das 14. Lebensjahr – gemeinhin als markante Altersgrenze, die auch für die nachfolgenden Betrachtungen in etwa gelten kann.

Nachdem einem Lehrer der hiesigen Schule bereits im Juni 1862 gestattet wurde, auf dem Turnplatz „mit den Schulknaben von 10 bis 14 Jahren unter Beaufsichtigung von 2 Vorturnern die Turngerüste in Benutzung zu nehmen”, dauerte es bis zum Mai 1879, bis der Beschluß gefaßt wurde, daß „Jünglinge vom 9ten bis zum 16ten Lebensjahre aufgenommen und zu strammen Turnern herangebildet werden sollten.” Diese „Vorschüler” erhielten ebenso wie die erwachsenen Turner Turnkappen, allerdings zur Unterscheidung mit grünen Schnüren statt roten.

Die Vorschüler hatten bis zum 14. Lebensjahr einen monatlichen Beitrag von 5 Pfennig zu entrichten, die älteren einen solchen von 10 Pfennig. Die Beiträge wurden allerdings nicht über die Vereinskasse vereinnahmt, sondern verblieben zur zweckgebundenen Verwendung bei den zuständigen „Turnwarten” (Vorturnern).

Im Februar 1884 ist die Aufnahme von 22 weiteren Vorschülern verzeichnet, und im Mai 1885 und im Mai 1886 fanden vereinsinterne Preisturnen statt. In der Folge finden sich in den Protokollen über viele Jahre keine Angaben bezüglich der sportlichen Aktivitäten der Jüngsten  im Verein sondern lediglich vereinzelte Angaben zu organisatorischen Regelungen.

Nach Beendigung des 1. Weltkrieges kümmerte man sich bald wieder um die Jungen. Im Jahr 1919 wurde eine Vielzahl neu in den Verein aufgenommen, und im August 1919 waren beim Bezirks-wetturnen in Marburg sechs Homberger Nachwuchsturner erfolgreich. Die weiterhin intensive und erfolgreiche Nachwuchsarbeit belegen 17 junge Teilnehmer am Bezirksfest 1922 in Alsfeld sowie deren 23 im Jahr 1925 in Nieder-Ohmen. 19 Schüler nahmen im Herbst 1926 am vereinsinternen „Abturnen” zur Beendigung der Freiluftsaison teil. Auch in den folgenden Jahren wird nicht nur immer wieder über die Neuaufnahme von Jungen berichtet sondern auch von zahlreichen erfolgreichen Wettkampfteilnahmen, wobei insbesondere Karl Geibel auffällt, der als Zwölf- bzw. Dreizehnjähriger das Bezirks-Hallengerätewetturnen der Jahre 1927 und 1928 gewinnen konnte.

Der Bericht über das Bühnenturnen an Weihnachten 1931 belegt, daß mittlerweile auch sechsjährige Jungen an den Turnstunden teilnehmen durften.

Wenige knappe Protokollerwähnungen lassen darauf schließen, daß das Schülerturnen bis zum 2. Weltkrieg fortgeführt wurde.
Nachdem im Winter 1941/42 offenbar noch Übungsstunden stattfanden, kamen die für den Sommer vorgesehenen Spiel-Aktivitäten nicht mehr zustande.

Mit der Wiederaufnahme der Vereinstätigkeit im Jahr 1949 wurden alsbald getrennte Übungs-gruppen für Schüler und auch Schülerinnen gebildet. Deren Betreuung gestaltete sich jedoch während der gesamten 50er Jahre schwierig, da es an geeigneten Vorturnern fehlte. Der betagte Alt-Turner Rudolf Sauer tat in Zusammenarbeit mit anderen sein Möglichstes, teils längere Unterbrechungen des Übungsbetriebes konnten jedoch nicht vermieden werden.

Anfang der 50er Jahre traten vor allem Irmgard Fuhr, Herbert Frühauf, Karl Schlosser und Ulrich Kohn (dieser wurde später Fußballprofi bei Borussia Mönchengladbach) mit hervorragenden Ergebnissen bei diversen Turnfesten und Wettkämpfen in Erscheinung.

In den Jahren 1955 bis 1957 konnte Kinderturnwart Herbert Mertens den Übungsbetrieb mit einer großen Zahl an Mädchen und Jungen sicherstellen. Nach seinem Weggang geriet der Turnbetrieb erneut in eine Krise, die jedoch durch den Einsatz der altgedienten Turner Karl Strauch und Rudolf Sauer einigermaßen aufgefangen werden konnte. Nach dem Tod Sauers Ende 1958 kam es jedoch 1959 alsbald zum völligen Stillstand.

Im Januar 1960 wurde das Kinderturnen aber wieder aufgenommen. Fortan stabilisierte sich die Situation in den folgenden Jahren durch nachrückende jüngere Betreuungspersonen aus den eigenen Reihen: Gertrud Doubrawa (verh. Wess), Sieglinde Seibert (verh. Viehl), Hannelore Christ (verh. Schierholz), Elke Hisserich sowie Kurt Haumann, Herbert Frühauf und Helmut Meschkat kümmerten sich um den Turnernachwuchs. Bei leichtathletischen Wettbewerben erzielten in den 60er Jahren Eckhard Hisserich sowie die Brüder Klaus und Ulrich Meschkat immer wieder besondere Leistungen.

Im Herbst 1965 wurde durch Barbara Menzler und Erika Christeleit eine Turn- und Spielstunde für 6-7jährige Kleinkinder ins Leben gerufen, die Annchen Weiß von 1968 bis 1977 weiterführte.

Ohne das Engagement anderer, nicht namentlich genannter Personen vergessen oder geringschätzen zu wollen, kann man sagen, daß in der Folge stets längere Zeiträume durch einzelne Protagonisten maßgeblich geprägt wurden.

Von 1968 bis 1978 war Klaus Kirbach der Frontmann, wobei nach Fertigstellung der Sportanlagen an der Altenstadt ein besonderer Schwerpunkt auf der Leichtathletik lag. Ihm folgte alsbald Anita Glatthaar, die 1977 bereits die Kleinkindergruppe von Annchen Weiß übernommen hatte. Die Zeiten für das Kinder- und Jugendturnen wurden unterdessen zusehends schwieriger: Die Zahl der älteren Kinder und Jugendlichen nahm stetig ab, da es diese immer mehr zu Handball, Fußball und anderen Sportarten hinzog. Insbesondere das Geräteturnen geriet in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre und in den achtziger Jahren trotz der Bemühungen von Klaus Lotz und Wolfgang Rieß mehr und mehr in den Hintergrund.

Schließlich wurden die getrennten Übungsgruppen von Jungen und Mädchen zu Gunsten gemeinsamer Übungsstunden aufgegeben. Dem trug man auch in der Vereinsstruktur Rechnung, indem ab 1983 die Mädchen nicht mehr der Frauenturnabteilung und die Jungen nicht mehr der Männerturnabteilung zugeordnet wurden. Stattdessen wurde eine eigenständige Abteilung „Kinderturnen” etabliert.”

Ab 1884 erhielt Anita Glatthaar wertvolle Unterstützung im Kleinkinderbereich durch Sabine Thornau, die im Jahr 1985 auch das Eltern-Kind-Turnen im TV 1862 Homberg einführte. 1991 übernahm Rainer Döring – bis 1995 unterstützt durch Margret Walzel – für ein Jahrzehnt die Verantwortung in den Übungsstunden der älteren Kinder und Angela Bock übernahm 1996 die Betreuung des Eltern-Kind-Turnens und der Kleinkinder von Elisabeth Ladwig, die hier ab 1993 zunächst gemeinsam mit Sabine Thornau und nach deren Ausscheiden 1995 allein als Übungsleiterin tätig war. Angela Bock wurde dabei von wechselnden Co-Betreuerinnen unterstützt. Als sie die Aufgabe von Rainer Döring bei den älteren Kindern ab 2001 übernahm, ging der Kleinkinderbereich in die Hände von Christiane Helm über. Seit deren Ausscheiden im Herbst 2006 wurden sowohl das Eltern-Kind-Turnen als auch das Kleinkinderturnen wechselnd von einer Vielzahl verschiedener Mütter im Team betreut. In jüngster Zeit ist Diana Grün die Frontfrau in diesem Bereich.

Zu den besonderen Höhepunkten im Jahresablauf für die Turnkinder zählte früher stets die Himmel-fahrtswanderung mit Eintopf-Essen und Wettspielen bei den „Dicken Steinen” am Handsteinsgraben, die wegen der oft schlechten Witterung vielfach erst an Fronleichnam stattfand. Diese 1962 begründete Tradition endete schließlich 1981 aufgrund nachlassenden Interesses ebenso wie 1996 die Veranstaltung der alljährlichen Weihnachtsfeier in der Stadthalle. Auch die traditionell übliche Teilnahme an den Gau-Kinderturnfesten mit zahlreichen guten Ergebnissen von Homberger Mädchen und Jungen kam in den letzten Jahren nicht mehr zustande.

Während sich in den Sommermonaten die Zahl der (Schul-)Kinder in den Übungsstunden auf dem Sportplatz und die Zahl der erfolgreichen Sportabzeichenprüfungen seit Jahren auf hohem Niveau erfreulich stabil erweisen, nimmt das Interesse während der Wintermonate in der Turnhalle doch erheblich ab. Generell rückläufig scheint auch das Interesse an den Übungsstunden in der Altersgruppe der Kindergartenkinder. Die vermehrte Inanspruchnahme von Nachmittags-Betreuungsangeboten in den Kindergärten, sonstige Angebote wie Fremdsprachenunterricht, musikalische Früherziehung oder Ballett, aber auch das immer frühzeitigere Werben einzelner Sportarten um die weniger gewordenen Kinder lassen die eigentlich unverzichtbare „körperliche Grundausbildung” durch das Kinderturnen offenbar mehr und mehr in den Hintergrund treten. Allein das Eltern-Kind-Turnen weist permanent gute Teilnehmerzahlen auf, wobei in den letzten Jahren in erfreulicher Weise auch zunehmend Väter und Großeltern unter den Teilnehmern zu finden sind.

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